Hasenweihnacht by Berit Janssen

Hasenweihnacht by Berit Janssen

Autor:Berit Janssen [Berit Janssen]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-09-25T00:00:00+00:00


Oh Käpt’n, mein Käpt’n

Rudi passte die Flugbahn der Stimmung seiner Gefährten an. Anstatt übermütig in jede Wolkenbank einzutauchen und auf jedem Windstoß zu reiten, schwebte er so gleichmäßig über den Wolken dahin, dass Knecht Ruprecht schnarchend einschlummerte. Der Osterhase döste vor sich hin, träumte von seinem Bunny-Adventskalender und davon, dass die Sieben Zwerge zur Reparatur des Daches das Schneewittchen mitgebracht hätten. Ein metallenes Klingeln weckte ihn aus seinen Gedanken. Sie waren noch immer hoch in den Wolken. Rudi machte keinerlei Anstalten zur Landung, und dennoch war da eine metallene Stimme, die ganz nah an seinen stolzen Löffeln »Kling, Glöckchen, Klingelingeling« summte. Er zupfte das Christkind am Ärmel. Das Christkind, ebenfalls aus einem Schlummer erwachend, schaute sich kurz irritiert um, identifizierte die Quelle des Summens und griff in seinen Nachthemdärmel, um das kleine silberne Handy hervorzuholen. »Ja, bitte? – Was? Oh! Du bist es! - Es ist der Weihnachtsmann!«, wandte es sich an seine Gefährten.

Mit einem Schlag waren alle hellwach. »Ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr!«, brummte Knecht Ruprecht, während Rudi einen vergnügten, aber gefährlichen Luftsprung machte. Der Osterhase hielt sich an Rudis Fellzotteln fest und murmelte: »Dem werde ich kräftig die Leviten lesen, dem Kerl!«

»Dieses Jahr schenke ich dir bestimmt ein Handy«, redete das Christkind aufgeregt los. »Nein, das ist kein neumodischer Kram ... nein, wir haben uns solche Sorgen um dich gemacht ... wir waren beim Nikolaus – du kannst dir nicht vorstellen, was wir dort erlebt haben, ich werde ganz oben eine Beschwerde einreichen – und bei den Heiligen drei Königen ... Rudi, Knecht Ruprecht, der Osterhase und ich. Nein, wir verstehen uns prima. Aber wo steckst du? Was? WAS?« Das Christkind wurde so blass wie eine Wattewolke, und die Hand mit dem Handy sank herab.

»Gib ihn mir«, verlangte der Osterhase. »Ich werd’ von Mann zu Mann mit ihm reden und ihm seine Weihnachts-Depri austreiben.«

Das Christkind schüttelte stumm den Kopf und hielt sich das Handy wieder ans Ohr. »Wo bist du? Ja ... dreiundfünfzig ... nördlicher Breite ... neun ... östlicher Länge ... ja ... das wird Rudi schon finden. Wir kommen so schnell wie möglich. Mach dir keine Sorgen. Knecht Ruprecht lässt dich herzlich grüßen. Ja. Mach ich. Ich dich auch.«

»Na, wo treibt er sich rum?«, fragte der Osterhase gespannt.

Das Christkind steckte das Handy in den Nachthemdärmel zurück. »Er treibt sich nicht mehr herum. Er sitzt im Gefängnis.«

Der Weihnachtsmann war beim Schwarzfahren in der S-Bahn erwischt worden, erzählte das Christkind den stumm lauschenden Gefährten, nachdem es Rudi die neuen Flugkoordinaten zugerufen hatte. Er hatte nicht genügend Geld dabei gehabt, um die sechzig Euro Strafe zu bezahlen. Da er auch keine Papiere gehabt hatte, um sich auszuweisen, war er in in Polizeigewahrsam gelandet. Die Polizei war noch misstrauischer geworden, nachdem ein Psychologe den Weihnachtsmann für geistig gesund erklärt hatte, während er sich standhaft weigerte, Angaben zu seiner Identität zu machen. Der Weihnachtsmann hingegen fürchtete, in die Klapsmühle gesteckt zu werden, wenn er den Beamten erzählte, dass er der Weihnachtsmann war. Folglich hatte er hilflos in einer Ausnüchterungszelle gesessen, bis die Polizisten ihm ein Telefon zur Verfügung gestellt hatten.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.